3. Ernährungswissen und aerobe Leistungsfähigkeit: "Knowledge is (aerobic) power"
Die Frage, die sich nun unweigerlich stellt: Wie steht es um den Zusammenhang zwischen dem Ernährungs- bzw.
Kohlenhydratwissen und der Ausdauerleistung? Gibt es einen messbaren Unterschied zwischen Athlet*Innen, die
mehr oder weniger wissen?
Die zehn Triathlet*Innen, die zu Beginn der Saison 2022/2023 die Fragebögen ausgefüllt hatten, wurden zusätzlich
zu mehreren Zeitpunkten im Verlauf der Saison ins Labor eingeladen, u.a. um die aerobe Leistungsfähgikeit auf dem Rad zu bestimmen.
Im Durchschnitt konnte die gesamte Gruppe ihre maximale Sauerstoffaufnahme (V'O2max) im Verlauf
der Saison steigern. Allerdings gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen denjenigen, die mehr bzw.
weniger Kohlenhydratwissen hatten (Abbildung 2). Diejenigen, die zu Beginn der Saison einen höheren
Wissensscore hatten, zeigten eine deutliche (und statistisch signifikante) Verbesserung ihrer V'O2max
um mehr als 5 ml/min/kg, während diejenigen mit einem niedrigeren Score ihre V'O2max im Verlauf der
Saison zwar halten, aber nicht verbessern konnten. Dies gilt im Übrigen für die absolute (l/min) wie auch die relative
V'O2max, denn das Gewicht der Triathlet*Innen hat sich im Verlauf der Saison nicht verändert.
Die berechtigte Frage lautet nun: Woher kommt dieser Zusammenhang?
Darauf bieten die vorliegenden Daten leider keine Antwort. Die Untersuchung von Kettunen et al.
(2021, [5]) gibt aber zumindest ausreichend Anlass zu der Vermutung, dass diejenigen,
die mehr Wissen zu Kohlenhydraten haben, sich auch anders verhalten bzw. verpflegen. Mehr Wissen und eine
verbesserte Verpflegung vor, während und nach dem Training könnte also dafür sorgen, dass es zu verbesserten
Anpassungserscheinungen an das Training kommt, oder die Athlet*Innen mehr trainieren können.
1. Hintergrund
Ausdauersportarten generell und Triathlon im Speziellen sind von einem hohen Trainingsvolumen geprägt,
denn dies (zusammen mit der richtigen Trainingsintensität) ist gewissermaßen
leistungsbestimmend [1].
Je höher das Trainingsvolumen, umso größer wird auch der Energieumsatz.
Um unsere Energiebilanz im Gleichgewicht zu halten, ist es notwendig mit einer erhöhten Energiezufuhr zu
reagieren, das heißt einfach ausgedrückt: mehr zu essen.
Gerade Ausdauersportler sind aufgrund des sehr hohen Energieumsatzes besonders gefährdet, wenn es um
niedrige Energieverfügbarkeit geht [2].
Energieverfügbarkeit beschreibt ganz allgemein die Differenz der Energiezufuhr und des Energieverbrauchs
durch Training relativ zur fettfreien Körpermasse. Die Energie, die dann noch übrig bleibt steht
dem menschlichen Organismus für alle grundlegenden Prozesse zur Verfügung (z.B. Wachstum, Fortpflanzung,
Immunfunktion, Fortbewegung). In Phasen reduzierter Energieverfügbarkeit steht diesen Prozessen entsprechend
weniger Energie zur Verfügung und kann zur Reduktion dieser Prozesse führen. Eine chronische Unterversorgung
sollte daher vermieden werden.
Den Kohlenhydraten kommt hier eine besondere Rolle zu: Eine zu niedrige Zufuhr von Kohlenhydraten könnte die
Konsequenzen einer niedrigen Energieverfügbarkeit noch verstärken [3]. Gänzlich geklärt
ist dies allerdings noch nicht.
Fakt ist jedoch, dass der Bedarf an Kohlenhydraten mit dem Trainingsvolumen und dem Gesamtenergieumsatz steigt.
Wir wissen außerdem, dass die Zufuhr und Verfügbarkeit von Kohlenhydraten essentiel für die
Ausdauerleistung ist [4].
2. Der Zusammenhang zwischen Ernährungswissen und dem Risko für niedrige Energieverfügbarkeit
Ausdauerleistungsfähigkeit und Ernährung scheinen vor dem Hintergrund der Energieverfügbarkeit
unweigerlich miteinander verbunden. Die Untersuchung einer Gruppe von jungen Skilangläuferinnen aus dem Jahr 2021 [5]
hat gezeigt: Obwohl die Studienteilnehmerinnen Schwierigkeiten hatten, die allgemeinen Empfehlungen der
Kohlenhydratzufuhr zu erreichen, hatten diejenigen mit mehr Ernährungswissen, eine höhrere Energieverfügbarkeit
und nahmen mehr Kohlenhydrate zu sich.
Eine eigene Untersuchung von zehn Triathlet*Innen hat außerdem einen Zusammenhang
zwischen dem Wissen über Kohlenhydrate und dem Risiko niedriger Energieverfügbarkeit (beides erfasst
mittels Fragebogen) gezeigt. Wie Abbildung 1 zeigt haben diejenigen mit einem höhreren Risiko-Score
für eine niedrige Energieverfügbarkeit, ein tendenziell niedrigeren Score im Kohlenhydratfragebogen.